Hallo Zusammen,
ich frage mich, wie es in der Neurodiveristät, die die Definition „Nerotypisch“ geben kann?
Wenn jeder Mensch einzigartig ist, macht es dann überhaupt Sinn, von „neurotypisch“ zu sprechen?
Hallo Zusammen,
ich frage mich, wie es in der Neurodiveristät, die die Definition „Nerotypisch“ geben kann?
Wenn jeder Mensch einzigartig ist, macht es dann überhaupt Sinn, von „neurotypisch“ zu sprechen?
Absolut, ja. Denn Einzigartigkeit bedeutet ja nicht, dass wir alle gleichmäßig unterschiedlich sind. Oder dass wir für jeden von uns jeweils individuelle Einzellösungen „erfinden“ müssen.
Wie in der Ergonomie beispielsweise, kann man bestimmte Bereiche betrachten - am besten jene, die für bestimmte Zwecke oder Ziele hilfreich sind - und hier eine Normalverteilung ausmachen. So wie Treppenstufen eine bestimmte Höhe haben, damit wir alle nicht dauernd ins Stolpern geraten, wobei bei etwa 5% der Kleinsten die Stufen deutlich flacher sein müssten und bei 5% der Größten unter uns um einiges höher sein könnten, um individuell gesehen eine ideale Steigerei zu erreichen.
Neurotypisch bedeutet für mich - ganz laienhaft - die breite Masse kommt mit diesen und jenen Umständen halbwegs zurecht, wobei jeder individuell so seine Hürden und Vorlieben hat. Aber die meisten können sich auf etwas einigen. Erst jetzt können wir diejenigen, die mit dem einen oder anderen nicht zurecht kommen, wirklich ausmachen - und uns damit beschäftigen, ob „Einzelfalllösungen“ in bestimmten Fällen Sinn ergeben bzw. möglich sind. Stichwort Ergonomie und Treppen: Barrierefreiheit.
Oder aber wir vernetzen uns als Gruppe „besonderer Einzelfälle“ und können und austauschen über individuelle Strategien und Muster, die uns helfen. Wo Besonderheiten in besonderem Maße vorhanden sind, kann man aktiv werden.
Dass wir alle einzigartig sind, steht außer Frage. Aber manche Besonderheit ist lebenseinschränkend. Und erst, wenn wir das genau unter die Lupe nehmen und untersuchen, können wir aufklären, Akzeptanz fördern und gemeinsam hilfreiche Lösungen entwickeln.
Ich frage mich, wie ich als ausgewachsener Mensch eine Treppe benutze, die von einem Mensch gebaut wurde, der ausschließlich rückwärts geht?
Ich frage mich, wieviel Anpassung an eine Norm möglich ist, ohne mich dabei zu verbiegen?
Ich mag das Treppenbild, es macht schon Sinn. Wenn die genormte Treppe zu erst da ist und ich mich an sie gewöhne.
Ist dann nach Deinem Bild, die „Norm“ nicht ein gewachsener Kompromiss? An den sich alle anpassen müssen, was manchen besser und anderen vielleicht garnicht gelingt?
Bleibt für mich die Frage, ob der Begriff Neurotypisch wirklich Sinn ergibt?
Ich bin nicht sicher ob ich Deine Frage verstehe. Wer wirklich atypisch ist, kann sich nicht anpassen oder nur unter Schmerzen seine eigenen Nischen finden. Treppen generell meiden, wenn’s blöd läuft. Das schränkt dann Deinen Bewegungsspielraum mächtig ein.
Alle anderen fallen in die Normalverteilung - neurotypisch - dann sprechen wir über Bequemlichkeiten. Also ja. Die „Norm“ ist das, womit die allermeisten ganz gut zurechtkommen. Du gewöhnst Dich ja als Kind schon an genormte Treppen, auch wenn sie für Kleinkinder erstmal noch viel zu hoch sind. Dass das trotzdem sinnvoll ist, merkst Du z.B. dann, wenn Du mit einem Stapel Kisten vor der Nase eine alte, steile, gewundene Dachbodentreppe runter gehst, die unten direkt vor der Tür endet.
Trotzdem kriegst Du das vermutlich irgendwie hin. Jetzt stell Dir aber vor, Du hättest keine Knie: Atypisch. … ;D
Eigentlich sind Neuronormale divers, wirken aber in sozialer Interaktion, Kommunikation, alle ähnlich. Haben alle die selben, funktionierenden Anteile an Kommunikation, dienen als ein Normengeber, ihre kommunikative Gebundenheit in ihrer Ähnlichkeit.
Meine Gedanken, keine Wissenschaft.
Kennst Du schon?
Danke für den Artikel!
Der Gedanke an Schnittmenge und deren Profil als Norm, wenn ich das in Deinem Sinn verstehe, ist einleuchtend.
Ich frage mich halt, ob Norm im Kontext von Diversen ein Schlüsselstamm ist, der diverses Lernen behindert? Vor zweihundert Jahren, gab es keine festgelegte Norm für Treppenhöhen, Lichtschalter oder Türklinken. Mir geht es um folgendes:
Eingefügt aus einem Dialog mit Perplexity:
Theoretisch könnten standardisierte Bewegungen, wie das wiederholte Bedienen von Lichtschaltern in gleicher Höhe, langfristig zu evolutionären Fehlanpassungen führen. Diese könnten sich als eine Art von Bewegungsmangel manifestieren, der die Anpassungsfähigkeit des Körpers an unterschiedliche Bewegungen einschränkt. Evolutionäre Fehlanpassungen entstehen, wenn Merkmale oder Verhaltensweisen nicht mehr optimal an die Umweltbedingungen angepasst sind[2]. Wiederholte monotone Bewegungen könnten die Vielfalt der Bewegung reduzieren und langfristig zu einer eingeschränkten muskulären Anpassungsfähigkeit führen, was potenziell zu Muskelverspannungen oder anderen gesundheitlichen Problemen beitragen könnte[3].
Quellen
[1] Überblick über Bewegungsstörungen - MSD Manuals https://www.msdmanuals.com/de/heim/störungen-der-hirn-rückenmarks-und-nervenfunktion/bewegungsstörungen/überblick-über-bewegungsstörungen
[2] Evolutionäre Fehlanpassung - Wikipedia Evolutionäre Fehlanpassung – Wikipedia
[3] Bewegungsmangel als Risikofaktor für die Gesundheit Evolutionäre Medizin
[4] [PDF] Natürliches (Fort)Bewegen - ediss.sub.hamburg https://ediss.sub.uni-hamburg.de/bitstream/ediss/3479/1/dissertation.pdf
[5] Biologie: Intelligent ohne Gehirn? - Spektrum der Wissenschaft Biologie: Intelligent ohne Gehirn? - Spektrum der Wissenschaft
[6] [PDF] Adoleszente Idiopathische Skoliose | AWMF https://register.awmf.org/assets/guidelines/151-002l_Sk_Adoleszente-Idiopathische-Skoliose_2023-03.pdf
Wenn ich das auf andere Normen beziehe, dann sind Normen ein mögliches Problem, oder was würdet Ihr meinen?
Ich würde sagen, es kommt ganz darauf an, wie stark man in wie vielen Bereichen durchnormiert und wie sehr man sich selbst dadurch einschränken lässt, anpasst oder eben nicht. Bleiben wir der Einfachheit halber mal beim Treppenbeispiel. Selbst die halbwegs normierte Treppenhöhe sorgt ja nicht dafür, dass wir uns alle plötzlich auf dieselbe Weise bewegen. Der eine nimmt den Fahrstuhl, wann immer es geht, der nächste geht gleichmäßig langsam und der dritte nimmt gerne zwei Stufen auf einmal. Viele wechseln dazwischen je nach Tagesform, Zeit, Lust und Laune. Und wer seinen Körper mal an Grenzen bringen möchte, geht auf allen Vieren vorwärts die Treppe runter. Auch das Geländer hat in bestimmten Altersstufen seinen Reiz. ;D Die Norm ansich ist erstmal nur recht praktisch.
Was unser derzeitiges Bildungssystem angeht - ja, da liegt manches im Argen. Aber das ist keine Frage falscher Normierung, sondern darauf zurückzuführen, dass wir nicht genug Geld, Zeit und Aufmerksamkeit in die kindliche Bildung und Entwicklung stecken. Leuchtturmprojekte, Experimente und Erkenntnisse mit alternativen Lehrformen gibt es ausreichend. Sie sind nur etwas teurer - und das mögen wir wohl derzeit alle nicht bezahlen. Da sehe ich die „Norm“ also nur als eben den Kompromiss, der irgendwie mit den vorhandenen Mittel machbar ist und der dorthin führt, dass möglichst viele hinterher irgendwie arbeits-/ produktionsfähig sind.
Man muss unterscheiden:
@Mona, dein Treppenbeispiel ist wirklich super! Es zeigt, dass Normen nicht per se schlecht sind, sondern Orientierung bieten und sogar Freiräume schaffen können. Flexibilität ist dabei entscheidend!
Der Punkt, an dem eine Norm unflexibel wird, ist meiner Meinung nach erreicht, wenn sie die Entwicklung und die Freiheit der Menschen einschränkt, anstatt sie zu fördern. Das passiert leider immer häufiger, und genau daran ecken wir gerade an. Viele Normen werden nicht mehr hinterfragt, sondern als gegeben hingenommen. Sie dienen oft nur noch den Interessen einzelner Gruppen und verhindern Innovation und Fortschritt.
Früher, im traditionellen Handwerk, waren die „Normen“ flexibler, gebräuchlich und an die individuellen Bedürfnisse der Kunden angepasst. Das traditionelle Wissen im Handwerk, das vor der Einführung formeller Normen existierte, wird oft als Handwerkswissen oder Erfahrungswissen bezeichnet. Mit der Industrialisierung wurden dieses Wissen durch starre, technische Normen ersetzt, die die Flexibilität und die Innovation einschränken. Die starren Normen der Industrialisierung haben zu einer Entfremdung zwischen Mensch und Arbeit geführt. Der Mensch musste sich an die Maschine anpassen, anstatt umgekehrt. Diese Entwicklung hat zu sozialen und psychischen Problemen geführt, die wir heute noch spüren.
Wir brauchen einen neuen Umgang mit Normen, der Flexibilität, Partizipation und Reflexion in den Mittelpunkt stellt! Nur so können wir sicherstellen, dass Normen uns unterstützen und nicht behindern.
Wie können wir die „starren Normen“ aufbrechen und eine humanere und nachhaltigere Arbeitswelt schaffen? Indem wir sie hinterfragen und anpassen! Sind sie noch zeitgemäß? Entsprechen sie noch den Werten und Zielen der Gesellschaft? Wer profitiert von ihnen, und wer wird benachteiligt?
Es ist wichtig, dass wir uns aktiv an der Gestaltung von Normen beteiligen und uns für faire und transparente Normungsprozesse einsetzen. Nur so können wir eine Gesellschaft schaffen, die die Vielfalt und die Freiheit der Menschen fördert.
Kann es sein, dass Du dieses traditionelle Wissen meinst, dass ersetzt wurde?
Lieber Steve,
das sind sehr spannende Gedanken! Ich stimme Dir grundsätzlich zu, was die Auswirkung auf uns Menschen angeht und die Notwendigkeit einer Veränderung oder sagen wir, Weiterentwicklung. Mein Gefühl zur Ursache geht in eine andere Richtung. Es kann durchaus sein, dass ich hier falsch abbiege, aber dafür ist ein Austausch ja da.
Ich glaube, was uns blockiert und vom Leben abschneidet sind nicht allzu starre Normen, sondern die Aufspaltung der Prozesse, ihre Kleinteiligkeit innerhalb unglaublich langer und komplexer Ketten/Hierarchien und die daraus folgende Entfremdung. Das Gefühl von Unwirksamkeit und Hilflosigkeit. Hier stellst Du eine sehr wichtige Frage: „Wer profitiert von ihnen, und wer wird benachteiligt?“
Ich mag dein Beispiel mit dem traditionellen Handwerk sehr und versuche mal ein Gedankenexperiment, um nachzuzeichnen, was ich meine.
Gehen wir ein paar Dekaden in der Zeit zurück und nehmen an, Tischlermeister Kienspan beschließt, sich auf die Fertigung bestimmter Stühle zu spezialisieren. Unter seiner Anleitung und Mitwirkung fertigt sein Lehrling die einzelnen Teile in Handarbeit. Sie setzen sie gemeinsam zusammen. Noch hat der Lehrling Kontakt zum Holzlieferanten. Lernt, wie man das richtige Holz für die richtigen Teile auswählt und freut sich am Ende des Prozesses über die zufriedenen Gesichter der Käufer seiner Arbeit.
Bald fertigt der Lehrling sein Gesellenstück, das Geschäft läuft gut und Meister Kienspan stellt weitere Mitarbeiter ein. Um die Produktion effizienter zu gestalten, werden die Arbeitsschritte zwischen den Gesellen und anderen Mitarbeitern aufgeteilt. Einer kümmert sich um den Holzeinkauf, unser Geselle fertigt von nun an nur noch die Sitzflächen, ein anderer die Rückenlehnen und wieder einer die Vorderbeine. Jemand setzt die Teile zusammen und ein weiterer kümmert sich um den Verkauf und den Kundenkontakt.
Jeder spezialisiert sich in seinem Bereich und die Arbeit geht viel schneller voran. In der Softwareentwicklung würde man sagen, wir sparen uns den Content-Switch. Noch arbeiten die Mitarbeiter Hand in Hand und stehen in Kontakt miteinander. Noch immer kann unser Geselle mitteilen, wenn das ausgesuchte Holz für seine Sitzfläche doch nicht recht taugt und noch immer sieht er die glücklichen Kundengesichter, wenn sie einen der Stühle kaufen, an denen er mitgearbeitet hat.
Viele Stühle später, das Unternehmen ist gewachsen, trennt der Meister die Arbeitsbereiche örtlich voneinander. Unser Geselle weiß nicht mehr, woher das Holz kommt. Er kann höchstens eine Nachricht senden, wenn die Qualität nicht stimmt. Der Einkäufer möchte sich da aber nicht hineinreden lassen. Er hat eher den Preis im Blick und vom Hobeln wenig Ahnung. Auch hat unser Geselle keinen Kontakt mehr zu den Abteilungen, welche die Stuhlbeide herstellen oder zu jenen, die sie zusammenfügen. Weiß nicht, ob die Kunden noch zufrieden sind.
Mit der Zeit ist er sich nicht einmal mehr sicher, ob es noch Sitzflächen für Stühle sind, die er da fertigt. Obwohl es noch immer die gleichen Teile sind, dieselben Handgriffe - er verliert den Bezug und den Sinn seines Schaffens. Fühlt sich abgeschnitten. Seinen Kolleginnen und Kollegen in der Sitzflächenfertigungsbubble geht es nicht anders.
Neulich im Schlaf hatte er eine wunderbare Idee! Er könnte der Sitzfläche eine leichte Vertiefung, einen Schwung geben, um sie bequemer zu machen. Was er nicht weiß ist, dass die Sitzflächen einige Arbeitsschritte später längst gepolstert werden…
„Wer profitiert von ihnen, und wer wird benachteiligt?“
Was unser Geselle nicht weiß ist, wieviele Zwischenhändler und Industrien sich mittlerweile in die einfache Produktionskette eingeschaltet haben. Allein die Marketingabteilung für rechte vordere Stuhlbeine zieht einen enormen Anteil der Gewinne ab. Der Aktienkurs für Sitzflächenversiegelung ist aufgrund der superinnovativen Chemieindustrie enorm gestiegen. Die Abteilung für Materialbeschaffung hat sich über den gesamten Globus ausgedehnt und man möchte sich fragen, wie das Holz der Insel Zauberfall am Rande der Welt noch günstiger sein kann, als die nachwachsenden Goldholzbäume am anderen Ende des Tals.
Die wahren Profiteure der Geschäftsprozesse sind weitgehend unsichtbar. Vermutlich dort angesiedelt, wo Gewinne abgeschöpft werden, ohne einen echten Mehrwert beizutragen. Benachteiligt… nun… sind wir letztlich alle. Stellt sich also die Frage: Sind es wirklich Normen, über die wir uns Gedanken machen müssen?
Ich hoffe, Du verzeihst mir die lange Geschichte. Ich gebe zu, es hat mich gepackt und Spaß gemacht. Hab Dank!
Hey Mona, ich mache hier erstmal die restlichen Herzchen hin. Ich meine, man sollte grundsätzlich einem Beitrag sehr viel mehr Herzen geben können.
Erstmal freue ich mich sehr, dass Du so viel Spaß hast! Geht mir auch so und ich bin ein Freund von langen Geschichten!
Deine Gedanken sind sehr treffend und ich muss nochmal nachreichen, dass ich grundsätzlich Normen/Regeln/Prozesse gut finde. Sie sind mir eine große Hilfe, sofern sich mich unterstützen. Das denke ich auch, in Bezug auf das Beispiel von Meister Kienspan und seiner Organisation. Du hast mich da auch insofern erwischt, als ich in meinem letzten Kommentar unklar kommuniziert habe.
Grundsätzlich bleibe ich dabei, dass es ein Problem mit starren und künstlich fixierten Normen gibt. Ich befinde mich da in der Vogelperspektive. In der Organisation kann ich das lösen, bekommen wir bei uns im Unternehmen auch immer besser hin. Wenn die Produktion im ganzen jedoch zum Selbstzweck wird, dann wird es ja gesellschaftlich problematisch.
Ich habe vor ein paar Jahren von an einer CNC-Abbundanlage gearbeitet, die stellt die Bauteile für unsere Holzhäuser her. Dort gab es viele Probleme, die allesamt in der Überproduktion von Bauteilen mündeten. Wir haben begonnen, die Probleme mit der „LEAN“-Brille zu betrachten und festgestellt, dass die Anlage zu schnell und automatisch lief. Das waren die beiden Schlüsselstämme, die wir verändert haben. Das durfte ich jedoch zu dem Zeitpunkt nicht. Ich habe also gegen die Regel verstoßen. Der Senior sagt: „Die Anlage ist voll bezahlt, dann muss die auch voll ausgelastet werden! Also bitte Vollgas und bitte mit Schmackes!“
Die Teile waren von schlechter Qualität, das Holz wurde bei dem hohen Tempo öfter beschädigt. Wir mussten das ganze überproduzierte Zeug lagern, es gingen Teile verloren, usw. Die volle Bandbreite der Verschwendung. Ich habe überlegt, an welcher Stelle das Business-Theater stattfindet und bin auf den manuellen Geschwindigkeit-Regler der Anlage gekommen. Auf den hat der Senior-Chef geschaut, wenn er zur „Kontrolle“ kam. Also habe ich den Kunststoff-Drehknopf vom Metall-Schalter gelöst und so wieder darauf gesteckt, dass die Anlage auf Geschwindigkeit 6 lief, wenn der Drehknopf auf 10 steht. Ich habe beobachtet und das eigentliche Problem gelöst. Von da an lief alles besser. Die Qualität ist gestiegen und dann habe ich die Automatik ausgeschaltet und nur noch so viel produziert, wie in den kommenden 3 Tagen benötigt wurde. Das war meine verprobte Losgröße für den Vorlauf. Ich bin schon seit 7 Jahren nicht mehr an der Anlage, doch an dem Takt hat sich nichts geändert. Der hängt von der Größe unseres Unternehmens ab, nicht von der Umwelt.
Wir korrigieren die Geschwindigkeit schon mal nach untern, wenn die Umwelt das verlangt. Jedoch zu schnell, das gibt es hier nicht mehr. Wenn ich jetzt von Vogelperspektive schreibe, dann möchte ich aus dem Unternehmen Kienspan herauszoomen und das gesamte Bild betrachten. Da kann ja dann die Frage aufkommen, ob es noch mehr neue Stühle braucht? Wie die Stühle aussehen, wo das Material herkommt und wer die, wie herstellt? Alles klar. Doch warum die hergestellt werden müssen? Das wird nicht mehr vom eigentlichen Bedarf beeinflusst, sondern vom Selbstzweck. Damit mehr Stühle gebaut werden können, erzeugt Kienspan ja jetzt einen künstlichen Bedarf. Er macht Marketing, baut vielleicht geplante Obsoleszenz ein. Unternehmer werden kreativ, wenn es um die Sicherung von Selbstzweck geht.
Dein letzter Beitrag hat mir klargemacht, danke nochmal dafür, dass Normen leider immer öfter als Mittel zu Zweck genutzt werden. Sie produzieren Selbstzweck, Überproduktion und Müll. Das schadet aktuell unserem System Natur, wie auch uns Menschen selbst. In der Gesellschaft und auch in der Wirtschaft. Gut möglich, dass es irgendwann wieder Zeiten für strengere Normen und Regeln gibt. Jetzt aktuell braucht es Flexibilität in Sachen, Normen und Regeln.
Ich habe auch das Gefühl, dass aktuell Normen und Regeln durch die Unsicherheit besonders attraktiv sind. Was denkst Du?